Tour 4 - Europapark

Eine lange Tour mit vielen Höhenmetern sollte man stressfrei angehen. Ungünstig, dass ich erst morgens, nachdem ich um 7:57 aus dem Bad komme, auf den Zugfahrplan schaue. Denn eigentlich fährt alle halbe Stunde was - aber wegen Corona ist der Fahrplan ausgedünnt (dachte, das sei bereits seit letzter Woche wieder vorbei) und ich habe die Wahl zwischen 8:08 und 9:08.


Letzteres ist mir zu spät. Für ersteres heißt es umziehen, Flaschen und Müsliriegel richten, in den Keller, Schuhe an, Rad schnappen und zum Bahnhof. Ich schaffe es - das dürfte neuer persönlicher Rekord sein.  Durch die Elzwiesen radle ich von Herbolzheim kommend zum Start nach Rust. Jetzt, vor der Saison - ist außer ein paar emsigen Mitarbeitenden, die den Park zum Start herrichten, nichts los. 
 
Nach ein paar flachen Einrollkilometern kommt es zum ersten Test. Jan Ullrich schreibt, dass die besten zum Streitberg hoch unter 10 Minuten brauchen. 16:50 werden es bei mir laut Strava für das der Beschreibung am nächsten kommende Segment. Ich ziehe Ausrede 23 - im Buch stand ja, dass das als Teil vom Intervall Training ist. Ich aber bin ja auf einer 150 Kilometer langen Ausdauertour... Wobei ich mal gelesen hatte, dass Jan Ullrich früher im Training auch lange Einheiten schon mal im 44er Schnitt (wenn ich mich recht erinnere, das war mal in einem Artikel in der Süddeutschen gestanden...) fuhr. Nach dem Geisberg geht es hinunter nach Welchensteinach. Im Buch ist ein Vermerk, dass es dort eng ist - diese Straße war aber früher eine reine Katastrophe, mit vielen Schlaglöchern. Ob sie bereits vor Druck des Buches oder erst danach ordentlich geflickt wurde weiß ich nicht. 


Die Instruktionen Richtung Brandenkopf im Buch sind klar: In Oberharmersbach 50 Meter nach dem Gasthaus Schwarzer Adler - direkt an der Telefonzelle - rechts ab. Nun gut, Telefonzellen sucht man heute ja eher vergeblich (naja, Team Telekom sucht man mittlerweile ja auch vergeblich...) und auch hier steht nur ein Telekom Verteilerkasten. Immerhin ist der Schwarze Adler noch da, so dass ich das Rechts ab nicht verpasse.

Der Anstieg ist treppenförmig - steile Stücke wechseln sich mit flachen Passagen ab - etwas, das ich nicht besonders mag (aber nicht wegen der flachen Stücke!). Dafür ist es wunderschön hier. Saftige Wiesen, einzelne Bauernhäuser, später geht es in den Wald. Ein Traum.  Nun sind die Flachstücke zwischen den steilen Stellen nicht mehr so flach. Schade.... An den Seiten geht so langsam der Schnee los und die letzten Meter zum Brandenkopf muss man noch aufpassen, dass man keine Glatteisstellen verwischt. Dafür entschädigt die Abfahrt nach Wolfach hinunter für die Mühen. An der Kinzig kann man weiter Tempo machen - in Hausach nehme ich allerdings den Radweg (ein Fehler, den Jan Ullrich damals bestimmt nicht gemacht hat). Statt also recht kerzengerade nach Haslach zu kommen mäandere ich mich durch die Gegend und füge ein paar extra Kilometer hinzu.

Hupkonzert

Nun geht es auf die B294, aber es ist weniger Verkehr als der Name vermuten lässt. Kurz vor dem höchsten Punkt zwischen Haslach und Elzach habe ich allerdings eines meiner seltenen unterirdischen Begegnungen mit einem Autofahrer. Ja, da es noch hoch geht bin ich halt langsam. Aber die Fahrbahn ist dort nicht besonders breit, deswegen kann man bei Gegenverkehr auch keinen Radfahrer überholen. Ich reihe mich also                                                      
in der Mitte ein, merke aber, dass der Herr hinter mir, trotz entgegenkommendem PKW, ungeduldig ist. Ich drehe mich um und er will ernsthaft in die kleine Lücke zwischen mir und dem entgegenkommenden Auto stoßen. Durchs Umdrehen lässt er von seinem Vorhaben ab, fängt aber an zu hupen. Ich zeige ihm zwei Finger und rufe mehrmals, dass er zwei Meter Abstand halten muss. Er ist noch ein bisschen beleidigt, bleibt dann aber hinter mir - auch als die Straße flacher, gerade und übersichtlich wird und kein Gegenverkehr kommt. Erst denke ich, dass er am Gipfel in den Parkplatz will und denke noch wieso er unbedingt so kurz vor dem Parkplatz überholen wollte - aber dann bleibt er auch bei der Abfahrt zunächst hinter mir und  überholt erst (mit viel Abstand), als es wieder eine lange Gerade gibt. Na also, geht doch.                                                                                                                     
Das Stück von Elzach nach Biederbach kenne ich von meiner Standardrunde nur in die andere Richtung. Berghoch wird mir klar, dass es deutlich länger ist als es mir bergunter immer vorkommt. Die Steigung ist moderat, so kann ein Freizeitfahrer wie ich trotzdem einen runden (wenn auch langsamen) Tritt fahren. Am höchsten Punkt hat man eine tolle Aussicht ins Elztal - ich bin froh, dass jetzt nur noch der kurze Stich wieder zum Streitberg hinauf ansteht, danach runter oder flach. Die vorgeschlagene Route hat noch eine Neuheit für mich - den Wirtschaftsweg zwischen Kenzingen und Rheinhausen kenne ich nicht - und bin beruhigt, dass auch Jan Ullrich ab und zu Wirtschaftswege fährt :)

In Niederhausen am Sportplatz ist im Gegensatz zum Morgen was los - ein Fußballspiel findet gerade statt. Am Europark angekommen checke ich den Zugfahrplan, stelle fest, dass in 20 Minuten ein Zug in Herbolzheim abfährt und mache mich schnell auf den Weg. Trotz der 150 Kilometer bin ich noch frisch genug dass ich die Autobahnbrücke im großen Gang treten kann - ein gutes Zeichen. Den Zug erreiche ich ohne Stress.

 

 

Bildergalerie

Kurz vor dem Start brach die Kamerahalterung.... Deswegen kein Video heute

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